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Kryotherapie für Das Immunsystem

Von Lynn Kühner

Wir sind mitten im Herbst, das heißt High Season für Erkältungen und grippale Infekte – die machen es sich mit leckeren Cocktails in unseren Organismen gemütlich, wenn man so will. In unserer neuen Episode der Urban Vibes erfährst du, wie du dir Kryotherapie für das Immunsystem zunutze machen kannst!

Zugegeben – Kälte kann etwas unangenehm sein, aber wenn wir uns darauf einlassen, werden wir überrascht sein, wie viel Power sie in uns aktiviert! Unser Gast in dieser Episode kennt sich bestens mit dem Thema aus, denn er ist Arzt und Instructor der Wim Hof Methode. Wer es nicht kennt: Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Atemübung und einem anschließenden Eisbad oder einer kalten Dusche. Falls ihr Wim Hof und seine Story nicht kennt, lest euch rein – es ist wirklich beeindruckend, was Atem und Kälte alles bewirken können. Jetzt aber ab in den Talk mit Dr. Christoph Geiger!

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Die wichtigsten Fakten aus dem Interview rund um Kryotherapie für das Immunsystem haben wir hier für dich zusammengefasst!

Dr. Christoph Geiger in seinem eigenen Eisbad – regelmäßige Kryotherapie gehört bei ihm fest dazu.

Christoph, du bist Allgemeinmediziner in einer Kölner Praxis und Wim Hoff Instructor – woher kommt deine Begeisterung für die Kälte? 

Ich bin im Schwarzwald aufgewachsen und mein Vater war leidenschaftlicher Saunagänger. Da war es schon immer klar, dass man sich in den kalten, schneereichen Wintern in der Saunapause im Schnee abkühlt. 

Das ist ein sehr schönes Gefühl, sich der Kälte auszusetzen. Es kommt irgendwann natürlich der Punkt, wo es anfängt, weh zu tun und da hören viele auf. Wenn man darüber hinwegkommt, ein bisschen darüber hinausgeht, hat man noch ganz andere Benefits der Kälte.

Über die werden wir gleich im Detail sprechen! Wie bist du dann beruflich auf das Thema Kälte und Kryotherapie für das Immunsystem gekommen?

Während des Medizinstudiums bin ich erneut auf die Kälte aufmerksam geworden. Kneipp ist sicherlich in aller Munde, aber da bin ich zum ersten Mal auf Wim Hoff aufmerksam geworden.  Ich fand es total faszinierend, dass ein Mensch in der Lage ist, solche Extreme auszuhalten und wollte mehr darüber erfahren, wie er das kann. Das Thema Kälte ist natürlich seins, und hat ganz viele Formen von Kälteexposition: Es kann im Winter draußen kalt sein, ich kann in ein kaltes Gewässer steigen oder eben bei deutlichen Minusgraden in die Kryokammer gehen.

Die kalte Jahreszeit ist mal wieder da und sofern wir nicht in der Red Zone schwitzen, frösteln viele und kämpfen gegen Erkältungen. Was für viele immer noch überraschend klingen mag: Kälte kann gegen Erkältungen helfen! Kannst du erklären, wie?

Auf jeden Fall! Voraussetzung dafür, dass man sich überhaupt der Kälte aussetzen darf, ist, dass man gesund sein muss. Wenn ich mich dann regelmäßig kontrolliert der Kälte aussetze, dann ist die Wahrscheinlichkeit krank zu werden deutlich geringer. Das hat damit zu tun, dass wir damit unser Immunsystem stärken. Während der akuten Erkältung kalt zu duschen oder gar in die Kältekammer zu gehen ist sicherlich nicht gut. Insbesondere bei einem fieberhaften Infekt, weil ich dem Körper in seiner Abwehrreaktion dazwischenfunke. Gerade, wenn ich schon ein bisschen angeschlagen bin, riskiere ich damit, dass eine Erkältung erst richtig ausbricht.

Kälteexposition also nur dann, wenn man gesund ist. Und dann hat die Kälte unterschiedliche Effekte auf den Körper. Wir wissen beispielsweise, dass das Immunsystem durch einen Anstieg weißer Blutkörperchen gestärkt wird, die Immunabwehr ist dann besser, wenn ich mich regelmäßig der Kälte aussetze. Eine überschießende Immunreaktion wie bei Allergien oder Autoimmunerkrankungen, die wird eher gedämpft.

Kryotherapie mit Erkältung und Fieber ist nicht empfehlenswert. Gibt es eine Grenze wo man sagt, jetzt geht Eissauna noch? Darf man zum Beispiel mit laufender Nase noch rein?

Grundsätzlich ist es ja so, dass wir alle sehr verschieden sind. Was dem einen vielleicht hilft, ist für den andern gar nichts. Es gibt zum Beispiel einige Menschen, die, wenn sie merken, dass sie krank werden, in die Sauna gehen. Dann brennen sie die Infektion weg – zumindest ist das die Idee des Ganzen. Da muss man sehr vorsichtig sein. Wenn sich eine Infektion anbahnt ist es ratsam, nicht in den Stress zu gehen. Die Kälte ist dabei insofern ungünstig, als dass der Körper, wenn er ein Fieber als Abwehrreaktion entwickelt, darin gebremst wird. Dann wird man eher krank als gesund.

Unser Körper ist klug: Er weiß was er tun muss und wie er sich bei einer Infektion hilft um sie abzuwenden. Heutzutage haben wir viel Komfort durch beheizte Räume, Winterjacken, Mützen, gehen nicht mehr mit nackter Haut raus im Winter, haben Sitzheizungen – wir sind der Kälte gar nicht mehr ausgesetzt und der Körper ist gar nicht mehr in der Lage, auf solche Temperaturschwankungen zu reagieren. So ist die Immunabwehr insgesamt geschwächt. Aber wenn ich beispielsweise mal bei kühlen Temperaturen im T-Shirt rausgehe, einfach mal gucke wie sich das anfühlt für einen kurzen Reiz – nicht für zwei Stunden und komplett auskühlen. Wim Hoff sagt immer „Feeling is understanding.“ Was er damit meint: Einfach hinspüren? Was fühlt sich gerade gut an? Vielleicht auf mal kurz in einen Bereich zu gehen, in dem es sich kurz unangenehm anfühlt, aber immer sicher.

Merke: Wenn Symptome vorhanden sind, wenn ich merke, dass ich mich nicht fit fühle, dann sollte ich mich nicht der Kälte aussetzen. Das Immunsystem profitiert nur von Kryotherapie, wenn es nicht eh schon angeschlagen ist.

Die Actimel Werbung, in der Menschen nackt bei Kälte ins Meer laufen, kennen bestimmt viele noch. Was ist da dran? Wie können wir unseren Körper mithilfe von Kälte resistenter machen und unsere Abwehrkräfte stärken? Wie kann Kryotherapie für das Immunsystem hilfreich sein?

Wenn wir jetzt mal auf das schauen, was konkret im Körper passiert.  

Da sind eine ganze Menge Vorgänge. Es hängt tatsächlich auch von der Art der Kälteexposition ab. Ab 18 Grad Celsius und darunter habe ich Benefits von der Kälte. Diese Benefits potenzieren sich, wenn es kälter ist – insbesondere beim Wasser ist das der Fall, denn bei der Kryokammer ist die Temperatur ja voreingestellt.

Folgende positive Effekte treten im Köprer ein:

  • Das Herz Kreislauf System wird trainiert.
  • Die Blutzirkulation wird verbessert.
  • Das Nervensystem wird trainiert, indem das sympatische Nervensystem, das für die Stressreaktionen im Körper verantwortlich ist, wird trainiert.
  • Der Stoffwechsel wird angekurbelt, vor allem die Aktivierung von braunem Fettgewebe, Fettsäuren werden oxidiert und damit die Fettverbrennung aktiviert. 
  • Glückshorme werden freigesetzt, insbesondere Dopamin. Durch eine Kälteexposition haben wir bis zu 250% mehr Dopamin im Körper! Das merke ich durch einen direkten Energieschub, einen besseren Fokus und eine geschräfte Wahrnehmung.

Der Effekt, der konkret die Stärkung des Immunsystems anregt, ist, dass die Produktion der weißen Blutkörperchen angeregt wird. Die Entzündungsreaktionen, die beispielsweise auch bei der Corona Infektion die schweren Verläufe verursacht haben, werden unterdrückt, wenn Adrenalin im Körper ist.

Wie oft sollte ich in die Eiskammer gehen, um diesen Effekt zu erzeugen? Und wie lange? 

Letztlich ist es so, das kennt ihr auch vom Training, dass sich Effekte potenzieren. Von zwei Mal in Fitnessstudio gehen habe ich keinen dicken Bizeps. Jede Entwicklung braucht Zeit. Wenn ich mich regelmäßig der Kälte aussetze, dann ist es irgendwann vielleicht so, dass ich wie Wim Hoff von mir selbst behaupte, nie wieder krank werde. Ob das so ist, ist natürlich eine andere Frage.

Wenn man es in Minuten runterbrechen möchte, wie viel Zeit ich mich der Kälte aussetzen kann, dazu hat die dänische Wissenschaftlerin Susanna Søberg viel geforscht. Die aktuelle Empfehlung lautet etwa 11 Minuten Kälteexposition pro Woche – aufgeteilt auf 3-4 Sitzungen von 3-4 Minuten.

Dann wäre da noch ein Thema, das uns brennend interessiert: Long Covid und Kryotherapie. Es gibt erste Beobachtungen, dass Kryotherapie die Symptome von Long Covid verringern kann. Ist da wissenschaftlich schon was erwiesen? Oder kannst du sagen, ob da was dran sein kann? 

Ich denke, das ist es enorm wichtig erst mal zu schauen, was Long Covid eigentlich ist. Da sind wird gerade auch im Bereich der Wissenschaft damit konfrontiert, dass Long Covid ganz viele Symptome sind, die mit keiner anderen Ursache in Verbindung gebracht werden konnten und deshalb die Idee entstanden ist, dass das mit einer Corona Infektion, teilweise auch mit einer Corona Impfung entstanden ist. Die Beschwerden, die da aufgeführt sind, sind enorm heterogen. Deswegen ist es enorm schwer, eine allgemeine Empfehlung zu geben. Die Studienlage ist dünn und auch sind die Studien kaum vergleichbar.

Häufig ist es so, dass Long Covid assoziiert wird mit Müdigkeitszuständen, Erschöpfung, aber auch Muskelschwäche, verschiedenen Schmerzsymptomen wie Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, und Beschwerden, die mit einer Schwindelsymptomatik einhergehen, mit Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen, Depressionen. All das sind Dinge, die, wenn sie in Zusammenhang stehen mit dem Immunsystem und/oder dem Neurotransmitterhaushalt (unserem Hormonsystem), dann ist es durchaus denkbar, dass ich mit regelmäßigen Kälteanwendungen die Möglichkeit habe, dem entgegenzuwirken und einiges zu verbessern oder gar verschwinden zu lassen.

Also Hero: Nutze die Kraft der Kälte, um dein Immunsystem dauerhaft fit zu halten und Erkältungen an dir abprallen zu lassen! Kryotherapie für das Immunsystem wird von vielen noch völlig unterschätzt – mach dir die eiskalte Power zunutze!

Wenn du mehr über die Wirkung der Kälte erfahren willst, lies unseren Blogpost zum Interview mit Dr. Josephine Worseck!